Ralph Heidenreich | Schönfeldstraße 2 | 88400 Biberach | Germany |
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Eine merkwürdige Allianz aus Politik, Wirtschaft und
Verwaltung bestimmt die Aktivitäten von Jugend Aktiv e.V.. Die Jugendlichen
selber bleiben passiv und unorganisiert.
"Ich weiß nicht, ob ich Ihnen da etwas zu sagen darf." So und
ähnlich klangs aus aller Munde, egal ob ich im öffentlichen Haushalt
der Stadt Biberach den Posten 4600 "Förderung der Jugendhilfe"
einsehen wollte oder den Finanzplan des gemeinnützigen
"öffentlich anerkannten Trägers der freien Jugendhilfe",
Jugend Aktiv e.V..
Ob auf dem Kämmereiamt, im Jugendtreff oder im Büro in der Ehinger
Straße, die untergeordneten Stellen übten sich in Abwiegelung, als sei die
Biberacher Jugendarbeit ein Firmengeheimnis. Dabei war erst in den letzten
Jahren die städtische Jugendpflege im Gemeinderat ausführlich diskutiert
und weitgehend umstrukturiert worden. Wichtige Funktionen, so den Betrieb des
Jugendtreffs Viehmarktstrasse und des Hauses Ehinger Str. 19, hat die
öffentliche Hand an den Jugend Aktiv e.V. abgegeben und so den "freien
Träger" zur Zentrale der öffentlichen Jugendarbeit in Biberach
ausgebaut. Ohne J-Akt geht kaum etwas, gegen J-Akt geht gar nichts mehr.
Die Leute auf den zwei-einhalb Sozialarbeiterstellen, unterstützt von
Praktikanten und einem ZDL, haben zu tun: Außer dem Management der zwei
Häuser unterstützen sie Jugendcliquen, die sich wegen z.B. Räumen
oder Buden an J-Akt wenden, führen mit Jugendlichen verschiedenster
Herkunft
Projekte durch und laufen nachts als Streetworker Streife auf der Suche nach
noch unentdeckten Jugendgangs. Nebenher müssen sie noch Leute
beaufsichtigen, die zu Arbeitsstunden verurteilt oder mit Schulausschluß
bestraft worden sind. Bankdirektor als Kassenwart
Neben dieser gewissermaßen zur Straße hin offenen Seite besitzt J-Akt noch eine
zweite, sozusagen politische Etage mit Verbindungen in Politik, Wirtschaft und
Verwaltung, nämlich den Vorstand. Die Gemeinderäte Frau Leuchten und
Herr Bassarab sind die Vorsitzende und ihr erster Stellvertreter, der zweite
Stellvertretende, Herr Weil, leitet mit den Dornahof eine traditionsreiche
Sozialeinrichtung. Für die Finanzen sorgt der Chef der Biberacher
Niederlassung der Deutschen Bank, Herr Paller, und Schriftführer ist der
Leiter der Biberacher Kriminalpolizei, Herr Keller. Der
Geschäftsführer von Jugend Aktiv, Herr Brödenfeld, nimmt an den
Vorstandsitzungen teil, ebenfalls - ohne Stimmrecht - der Biberacher
Kulturdezernent Biege und der Leiter des Jugendamtes Bleicher.
"Für eine umfassende, das heißt die ganze Jugend einbeziehende
Jugendarbeit wird in der Zukunft das Geld fehlen" weiß Herr Keller, um so
wichtiger sei ein genaues "Justieren der Zielgruppen". Dabei gehe es
natürlich auch um Kriminalitätsvorbeugung. Zur genaueren Ausarbeitung einer Strategie für die Zukunft wird sich der Jugend Aktiv Vorstand im März 1997 in Klausur begeben. Am Ziel der sozialen Integration wird sicherlich festgehalten werden, eine Frage sollte jedoch sein, in welcher Weise Bedürfnisse und Interessen Jugendlicher hier mit einbezogen werden. Sonst kann Integration schnell zur Anpassung werden und die Jugendhilfe Gefahr laufen, eine leckmichamArsch-Haltung des unauffälligen Dagegenseins fördern, die lange Jahre kennzeichnend für das gesellschaftliche Klima in der DDR gewesen ist. |