Gentechnische Sicherheit im Innovations- und Technologietransferzentrum ITZ
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Juli 2015 hat die Stadt Biberach die Projektträgerschaft für das ITZ übernommen (siehe Drucksache 161/2015). Der Zweck dieses Projektes besteht im „Technologietransfer, in der Auftragsforschung sowie in der Innovations- und Gründerförderung“. Die Anwendung biotechnologischer Verfahren, wie sie an der Hochschule Biberach gelehrt werden, ist davon nicht ausgeschlossen.
Erstaunliche Fortschritte in der Gentechnik, insbesondere die Entwicklung des CRISPR/Cas Verfahrens, haben in der Wissenschaft zu besorgten Äußerungen und einem großen internationalen Symposium(1)(2) geführt. An der Hochschule Biberach wird CRISPR/Cas bereits gelehrt(3), während andererseits die rechtliche Einordnung dieser Technik noch nicht abgeschlossen ist(4).
Fragen:
1) Hat die Stadtverwaltung Pläne zur gentechnischen Sicherheit im ITZ ?
2) Sollte sich der Gemeinderat mit dieser Frage beschäftigen?
3) Sollte die Öffentlichkeit einbezogen werden? Wenn ja, in welcher Weise?
mit freundlichen Grüßen
Ralph Heidenreich
(1)http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/crispr-forscher-sprechen-gegen-keimbahn-therapie-a-1066052.html
(2)http://www.welt.de/wissenschaft/article149556221/Soll-man-Genom-Chirurgie-zulassen.html
(3)Wissenschaftliche Projektarbeit I: Bioprozessing" bei Dr. René Handrick im Studiengang "Master Pharmazeutische Biotechnologie"
(4)http://www.keine-gentechnik.de/nachricht/31446/
Sehr geehrter Herr Heidenreich,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Einsatz des CRISPR/Cas Verfahrens. Ihre Anfrage bestätigt uns in unserer Ansicht, dass in der Bevölkerung ein starkes Bedürfnis nach unabhängigen und qualifizierten Informationen zu Themen der modernen Biotechnologie besteht. Genau diesen Aspekt soll das Innovations- und Technologietransferzentrum Plus (ITZ Plus) bedienen. Wie Sie vielleicht wissen, sollen im ITZ Plus Technologietransferprojekte durchge- führt sowie der Wissenstransfer in Unternehmen und Bevölkerung verbessert werden. Hierzu ein Zitat aus dem Projektantrag: „Dabei soll (2) der Wissens- und Technologietransfer in Un- ternehmern und die Bevölkerung durch die Beteiligungsmethodik der Reallabore verbessert werden.“
Aber zurück zu Ihren Fragen: Die beteiligten Wissenschaftler der Hochschule Biberach kön- nen Ihre Sorge zur Verwendung der CRISPR/Cas-Methodik gut nachvollziehen und sind wie viele andere Wissenschaftler der Meinung, dass das CRISPR/Cas Verfahren eindeutig als gen- technologische Methode eingestuft werden sollte und es nicht durch eine unrichtige Einstu- fung der Methode zu zweifelhaften Freisetzungsexperimenten kommen darf.
Wenn Sie sich die wissenschaftlichen Ziele der Fakultät Biotechnologie der Hochschule Biber- ach ein wenig anschauen (siehe u. a. die von Ihnen zitierte wissenschaftliche Projektarbeit im Masterstudiengang Pharmazeutische Biotechnologie) dann geht es uns überwiegend um die Optimierung von Produktionszelllinien, die zur Herstellung von Arzneimitteln verwendet werden. Es ist klar, dass diese Zellen niemals freigesetzt werden (können), sondern in steril abgegrenzten Behältern (sogenannten Bioreaktoren oder Fermentern) vermehrt werden. Diese Zellen sind ausschließlich in einem sterilen Bioreaktor bei 37° C in einem definierten Zellkulturmedium unter sehr definierten Bedingungen (Zellen müssen u. a. kontinuierlich gerührt und belüftet werden) lebensfähig. D. h. eine Freisetzung dieser Zellen ist nicht nur nicht in unserem Interesse, sondern aufgrund deren Bedürfnisse an ihre Umgebung auch gar nicht möglich.
In dieser Hinsicht können wir Sie und den Gemeinderat also beruhigen. Die Forschungspro- jekte der Hochschule Biberach haben in keinem Fall eine Freisetzung dieser Organismen zum Ziel.
Sie fragen auch, ob die gentechnische Sicherheit im ITZ Plus im Gemeinderat diskutiert werden sollte. Hierzu möchten wir anmerken, dass die bisherigen Gebäude der Fakultät Biotechnologie, ebenso wie das ITZ Plus, durch die zuständigen Aufsichtsbehörden des Landes Baden-Württemberg, nämlich das Regierungspräsidium Tübingen, vor ihrer jeweiligen Inbetriebnahme und in regelmäßigen Abständen (in der Regel alle 1-2 Jahre) auf ihre vorhandene Eignung für die angemeldeten Arbeiten untersucht werden.
Eine Einbeziehung der Öffentlichkeit im von Ihnen angesprochenen Kontext halten wir für notwendig und sinnvoll. Diese Einbeziehung sollte unbedingt wie oben bereits ausgeführt im Rahmen des Projektes ITZ Plus erfolgen bzw. ist im Rahmen des Projektes ja auch in Form der Reallabore bereits festgeschrieben. Eine Beschäftigung vorab mit dem Thema scheint uns wenig sinnvoll, da die wissenschaftlichen Projekte im ITZ Plus von konkreten Akquisitio- nen abhängen, die Technologietransfer in Unternehmen der Region bewirken sollen, welche zum derzeitigen Zeitpunkt jedoch noch gar nicht beschrieben werden können. Aus diesem Grund halten wir z. B. eine Ausstellung zum Thema „Risiken in der Bio- und Gentechnik“ nach Eröffnung des ITZ Plus für eine geeignete und wünschenswerte Maßnahme, um dem Informationsbedürfnis der Bevölkerung gerecht zu werden. Die Hochschule Biberach ist ger- ne bereit, z. B. eine solche Ausstellung nach Eröffnung des ITZ Plus in Kooperation mit dem Gemeinderat der Stadt Biberach zu initiieren und fachlich zu betreuen. Genau für solche Veranstaltungen werden u. a. Räumlichkeiten im ITZ Plus entstehen.